Im Laufe der letzten Jahre hat sich Inbound Marketing zu einem der wichtigsten Ansätze im B2B-Marketing entwickelt, zumindest in den USA und zunehmend auch bei uns im deutschsprachigen Europa. Kaum akzeptiert, bekommt Inbound Marketing schon erste Falten. Übernimmt bald Account-Based Marketing (ABM) im B2B-Bereich die Hoheit?
Mit Account Based Marketing, kurz ABM, ist die fokussierte, gezielte, auf einen bestimmten Zielkunden hin ausgerichtete Marketing- und Sales-Aktivität gemeint. Sprich Marketing mit einem klaren Zielkunden-Profil vor Augen und der gezielten Ansprache einzelner Akteure im Hause des Zielkunden. Also alles andere als die breite Ansprache möglicher Leads und derer nachfolgenden Qualifikation, so wie’s Inbound Marketing im Ansatz lehrt.
Als Inbound-Protagonisten und zertifizierte HubSpot-Agentur sehen wir im Inbound-Ansatz natürlich viele Vorteile, was sich auch in der steigenden Popularität gerade im DACH Raum (Deutschland, Schweiz, Österreich) widerspiegelt.
Inbound: Magnet statt Megaphon
Inbound passt optimal zur Art und Weise, wie wir Menschen heute auf dem Netz recherchieren, entscheiden und kaufen: Wir suchen auf Google nach Informationen, teilen nützliche oder unterhaltsame Inhalte über Social Media, schreiben Online-Bewertungen, alles noch lange bevor wir mit einem Vertriebs-Mitarbeiter sprechen - wenn überhaupt. Das ist Content und Inbound Marketing in Reinform.
Inbound: Einwilligung statt Unterbrechung
Ein weiterer Vorteil von Inbound Marketing liegt in der Psychologie des Marketing-Ansatzes: Ein Anbieter ist in einer besseren Ausgangslage, wenn potenzielle Kunden ihn z.B. über Netz oder Landing Page direkt kontaktieren, statt umgekehrt indem er mit Unterbrechungen der bekannten, nervigen Art auffallen will (z.B. mit Telefon-Anrufen beim Abendbrot, mit werbeschwangeren Krimi-Pausen im TV, oder mit Mailbox-verstopfenden Spam-Mails und dgl. mehr).
Mit zunehmender Popularität von Inbound steigt auch die Kritik am Ansatz: Obschon Inbound eine grosse Anzahl eingehender Leads verspricht - über Websites, Opt-In und Lead Generation -, kann es gerade für grössere Unternehmen eher zeitraubend sein, 6 bis 12 Monate zu warten, bis jemand über die organische Suche auf den kostbaren Content stösst (ja, so lange kann es dauern, bis Resultate messbar werden).
In den letzten Jahren hat sich deshalb eine alternative Vorgehensweise entwickelt, die sich im Marketing auf den gezielten Dialog mit den grössten und Wachstums-versprechendsten B2B-Kunden fokussiert: Account Based Marketing (ABM).
ABM verspricht im Ansatz bessere Resultate als Inbound Marketing, weil es von Anfang an Marketing und Vertrieb an einen Tisch bringt: Gemeinsames Vorgehen, um ganz bestimmte Wunschkunden (Accounts) gezielt zu gewinnen, so lautet die These. Ein Zusammenwirken, das gerade im Bereich Inbound Marketing aus unserer Erfahrung erst nach langen Monaten der „Reibung“ Früchte trägt.
Marketing spannt mit dem Vertrieb…
ABM spricht zudem die Sprache des Vertriebs, der mehr daran interessiert ist, Kunden respektive Firmen zu gewinnen, statt einzelne Kunden, weil so die Hebelwirkung grösser ist: Je grösser der Account, desto mehr Möglichkeiten zum Abschluss. In manchen Unternehmen schliessen sich Vertreter von Account Based Marketing Teams mit ihren Pendants im Sales zusammen - um schneller mehr Wachstum zu erzielen.
…und vielen weiteren Bereichen zusammen.
Je mehr der ABM-Ansatz reift, und das ist was wir in den USA beobachten, desto mehr werden auch andere Funktionen in die Marktbearbeitung mit einbezogen, so zum Beispiel Kundendienst, Support, Vertriebs-Partner und manchmal auch Vertreter vom „Produkt“. Bei ABM dreht sich alles um den den einzelnen Account, was weitere Hebelwirkung in Bezug auf die eigene Strategie und Zielsetzungen erzielt, getreu dem Pareto-Prinzip: Mit 20 % der Marketing-Leistung, 80 % der Umsatz-Wirkung.
ABM spricht das ganze Buying Center an
Im B2B-Kontext werden Käufe immer weniger von einzelnen Personen, sondern vom „Buying Center“ getätigt: Führungskräfte, Manager, Endbenutzer, technische Experten, CFO, Einkäufer - sie alle reden mit, getrieben von den unterschiedlichsten Agenden. ABM berücksichtigt auch dies, weil alle im „Account“ erfasst und bearbeitet werden und nicht der einzelne Lead.
ABM ist sehr effizient - man jagt nicht aufwändig mit dem Netz nach kleinen Fischen (und sortiert den Fang von Hand), sondern fischt gezielt mit einem Speer nach den grossen Fischen: Treffsicher, schnell und mit Erfolg. Mit ABM wird die Zielkundenwahl („grosser Fisch“) schon sehr früh gemeinsam mit Vertretern von Marketing und Sales getroffen.
Der Vertrieb kann dabei sehr unterstützend sein, weil gerade sie aus Erfahrung wissen, welche Zielkunden, welche Vertreter und welche Kontakte beim Kunden den besten Erfolg versprechen. Genereller Marketing-Content ist dabei als „Educational Content“ nach wie vor wichtig. Mit Hilfe von ABM wird jedoch dieser Content nicht für die Breite verfügbar gemacht, sondern gezielt zur Gewinnung einzelner Kontakte im Hause des Zielkunden eingesetzt.
Der wohl wichtigste Unterschied zwischen Inbound Marketing und ABM ist der: ABM ist IMMER outbound! Wir Marketer, zumindest wir hier im deutschsprachigen Europa, kämpfen im Vergleich mit unseren angelsächsischen Kollegen eher mit diesem nach aussen gerichteten Ansatz.
Eine der grössten Herausforderungen eines jeden Vertrieblers ist es, die Aufmerksamkeit der obersten Entscheidungsträger zu gewinnen. Abgeschottet in den Teppich-Etagen sind sie alles andere als interessiert, von Marketing oder Vertrieb eines Anbieters irgendwelche ungefragte Information zugeschickt zu bekommen.
Eine zielführende Taktik im ABM ist es deshalb, dem gewünschten Ansprechpartner spezifisch aufs Unternehmen und dessen Situation hin massgeschneiderten, personalisierten Content zu entwickeln. Das kann zum Beispiel sein eine Einschätzung, ein Report, eine Benchmark-Studie oder eine Mitbewerber-Analyse. Content dieser Art macht zumindest hellhörig und kann die Tür einen Spalt weit öffnen. So oder so - es ist outbound.
Im Inbound Marketing gibt es viele Marketing Technology Tools, wie z.B. HubSpot, Marketo, Eloqua und andere. Auch im Bereich ABM sind immer neuere Tools und Plattformen am entstehen, die den Sales und Marketing-Prozess beschleunigen - so auch bei HubSpot. Weitere ABM-Tools sind:
Als Inbound-Evangelist sollte man des Lobes in Punkto ABM zurückhaltend sein, zumal ABM auch gewisse Nachteile mit sich bringt:
Wie bereits erwähnt: ABM erfordert eine enge Zusammenarbeit zwischen Sales und Marketing im Sinne der Identifikation der richtigen Zielkunden, der Ansprache der Zielpersonen auf der Basis ihrer Herausforderungen aber auch im Sinne der Entwicklung und zeitgerechter Distribution von Nutzen bringendem Premium Content.
Bearbeitet ein Unternehmen mit eher komplexen Produkten und Verkaufsprozessen einen total adressierbaren Markt von ein paar wenigen hundert Zielkunden, dann kann reines Account Based Marketing durchaus Sinn machen. Doch die meisten Unternehmen und B2B-Marketer werden sowohl auf ABM UND Inbound Marketing setzen wollen.
ABM, um die grössten Zielkunden anzusprechen und zu gewinnen. Inbound Marketing, um unter den tausenden von potenziellen Kunden genau die anzuziehen und zu gewinnen, die aktuell und online nach Inhalten suchen, um ihre Probleme und Herausforderungen zu lösen.
Es ist wie beim Fischen: Man fängt Fische mit dem Netz und mit dem Speer. Vorausgesetzt man fährt hinaus und geht konsequent ans Werk - zum Beispiel mit Hilfe dieser Ressource:
Vielen Dank an Lois Gudema, der mich hier zu diesem Artikel inspriert hat...
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